Netzsperren

Jusos Karlsruhe gegen Netzsperren: „Große Koalition beschließt Alibimaßnahmen und führt Zensurinstrument ein“

Die Jusos Karlsruhe lehnen das „Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen“ strikt ab und kritisieren den Beschluss der großen Koalition vom 18. Juni.
Bodo Gelfert, aktiver Juso und Vorstandsmitglied der SPD Rüppurr: „Das Gesetz steht in Widerspruch zu Artikel 5 unseres Grundgesetzes, der eine Zensur ausdrücklich verbietet. Außerdem wird das Fernmeldegeheimnis, das durch Artikel 10 geschützt wird, massiv eingeschränkt. Seinen vorgeschobenen Zweck aber, nämlich Kinder vor sexueller Gewalt und Ausbeutung zu schützen, erfüllt es nicht. Wir fordern entschieden Gesetze, die Kinderpornographie tatsächlich bekämpfen und begnügen uns nicht mit Alibigesetzen, die das Ergebnis von fehlgeleiteten Aktionismus der Union im Wahlkampf sind.”

Die Rekordzahl von über 130 000 Unterzeichnern einer Petition hatten sich im Vorfeld gegen das Gesetz ausgesprochen. Die Jusos nahmen am Samstag nach der Gesetzesverabschiedung an der Mahnwache gegen Internetzensur auf dem Forumplatz teil; die Teilnehmer stellten Grablichter auf und trugen symbolisch das Grundgesetz zu Grabe.
Mit dem Gesetz wurde das BKA ermächtigt, nach eigenem Maßstab Internetseiten zu indizieren, ohne dass es dabei einer angemessenen Kontrolle unterliegt. Als Alibi hierfür hat der Gesetzgeber den Bundesdatenschutzbeauftragten instrumentalisiert, der sich im Vorfeld klar gegen dieses Vorgehen ausgesprochen hatte. Offensichtlich waren sich die beteiligten Politiker auch nicht bewusst, dass die Seiten weiterhin für jeden technischen Laien ohne Problem zugänglich bleiben. „Der Effekt der Ermittlung und Strafverfolgung verpufft also, übrig bleibt Zensur,“ so Bodo Gelfert.
Die Jusos Karlsruhe diskutierten auf der Sitzung am vergangenen Dienstag das neue Gesetz intensiv und setzten sich mit den Grundrechtabwägungen auseinander. René Repasi, Jurist und Juso-Spitzenkandidat im Europawahlkampf: „Ich halte dieses Gesetz für verfassungswidrig.“
Gelfert: “Nach Auffassung der Jusos ist das Recht auf freie Medien im Internet genau so wichtig wie in an anderer Stelle. Notwendig ist es daher in Partei wie Gesellschaft endlich einen zeitgemäßen Wertediskurs zu führen. Wir brauchen eine gesamtgesellschaftliche Diskussion darüber, wie wir unsere Freiheitswerte auf die neuen Medien anwenden. Vernimmt man die neuerlichen Vorstöße aus der Union, die Netzsperren bereits jetzt auf Online-Spiele und andere Inhalte ausdehnen wollen, scheint eine solche Debatte umso dringlicher. Entsprechende Äußerungen entlarven, dass es CDU/CSU mit dem Zugangserschwerungsgesetz vor allem um eines ging: Ein bequemes Zensurinstrument zu schaffen, das sobald es einmal akzeptiert und eingeführt wurde, auf beliebige Bereiche anwendbar ist.”