Kein Denkmal für...

Wir sind die Jusos Karlsruhe-Stadt und wollen mit unserer Aktion Kein Denkmal für… auf die verbliebenen nationalistischen, antisemitischen und kolonialistischen Denkmäler der Stadt aufmerksam machen.

Wir haben uns in den letzten Monaten mit Expert:innen über den Postkolonialismus in Karlsruhe unterhalten, Gespräche mit der jüdischen Gemeinde geführt und Diskussionen des Deutsch-Afrikanischen Vereins (DAV) in Karlsruhe zugehört.

Nach vielen Recherchen und Diskussionen haben wir sechs Denkmäler gefunden, die aus unserer Sicht umbenannt werden müssen. Weitere sieben Denkmäler sollen mit einem Hinweisschild versehen werden.

Wir wollen aber nicht nur die aktuelle Lage anprangern, sondern auch konstruktive Vorschläge machen. Deshalb bieten wir für jede Umbenennung auch eine gute Alternative an.

Hier die Denkmäler, die wir umbenennen wollen:

Lüderitzstraße

Adolf Lüderitz gelangte durch eine Täuschung der afrikanischen Einheimischen an ein großes Landgebiet. Lüderitz hat keinerlei Leistung erbracht, die eine Ehrung rechtfertigt. Die Straße wurde von deutschen Nationalsozialisten benannt. In Bremen, Köln, Bochum und Berlin wurde die Straße bereits umbenannt. Das Hinweisschild, das derzeit unter dem Straßennamen hängt, reicht für uns nicht aus, um an dem Namen festzuhalten.

Alternative:

Hanna-Nagel, 1907-1975, war eine deutsche Künstlerin die sich gegen Diskriminierung und menschenverachtende Bedingungen einsetzte. In Karlsruhe wird alle zwei Jahre der Hanna-Nagel-Preis vergeben. Er ehrt Künstlerinnen die im Regierungsbezirk Karlsruhe leben.

 

Wissmannstraße

Hermann Wilhelm von Wissmann war ein deutscher Kolonialbeamter. Als Befehlshaber war er für die Niederschlagung ostafrikanischer Küstenbevölkerung verantwortlich. Die „Wissmann-Truppe“ war die erste deutsche Kolonialtruppe, die einen Landkrieg in Afrika führte. In Berlin, Bochum, Hannover, Stuttgart und weiteren Städten wurde eine Umbenennung bereits vorgenommen.

Alternative:

Lucy Lameck, 1934-1993, war eine tansanische Politikerin und die erste Frau in der tansanischen Regierung. Sie setzte sich gegen Kolonialismus und für die Unabhängigkeit Tansanias ein. In Berlin-Neuköln wurde die Wissmannstraße bereits durch Lucy Lameck ersetzt.

 

Treitschkestraße

Heinrich von Treitschke trug mit seinen Publikationen dazu bei, dass Antisemitismus in der Kaiserzeit gesellschaftsfähig wurde. Er war maßgeblich am „Berliner Antisemitismusstreit“ beteiligt und prägte den Satz „Die Juden sind unser Unglück“, der später das Motto das NS-Hetzblatts „Der Stürmer“ wurde.

Alternative:

Elisabeth Selber, 1896 -1986, Dr. jur. Politikerin (SPD), Frauenrechtlerin, Mitglied d. Parlamentarischen Rats 1948/1949. Eine der vier "Mütter des Grundgesetzes", setzte die Aufnahme der Formulierung "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" ins Grundgesetz durch.

 

Indianer Brunnen und kleiner Indianer Brunnen

Der Brunnen am Werderplatz trägt momentan den Namen „Indianerbrunnen“. Der Begriff „Indianer“ wird von Angehörigen indigener Stämme als problematisch und kränkend empfunden. Er ruft Assoziationen wach, die stark von Klischees und Unterdrückung geprägt sind und mit der Wirklichkeit wenig zu tun haben. Der Ausdruck stammt aus der Zeit des Kolonialismus und der sogenannten Völkerschauen. Er ist in einem inklusiven, toleranten und offenen Karlsruhe fehl am Platz. Das gleiche gilt für den „Kleinen Indianer Brunnen“ an der Baumeisterstraße.

Alternative:

Der Brunnen soll daher in „Brunnen am Werderplatz“ umbenannt werden. Der „Kleine Indianer Brunnen“ soll in „Brunnen in der Baumeisterstraße“ umbenannt werden. Außerdem soll ein kleines Kunstwerk mit Texttafeln auf dem Werderplatz entstehen. Die rassistischen Hintergründe des I-Wortes sollen erläutert werden und man soll mehr über die Geschichte des Brunnens erfahren.

 

Fritz-Haber-Straße/ - Weg

Der Chemiker und Nobelpreisträger Fritz Haber gilt aufgrund seiner Forschung mit Giftgas im Ersten Weltkrieg als "Vater des Gaskriegs". Er forschte mit dem klaren Ziel den Krieg zu unterstützen und ist damit ein Negativbeispiel für den ethischen Umgang mit Forschungsergebnissen.

Alternative:

Clara Immerwahr, 1870-1915, deutsche Chemikerin. Sie war die erste Deutsche, die einen Doktorgrad in Chemie erwarb. Sie heiratete Fritz Haber. Clara Immerwahr nahm sich als überzeugte Pazifistin aus Protest gegen die führende Rolle ihres Mannes im Gaskrieg das Leben.

 

Hier die Denkmäler, die ein Hinweisschild benötigen:

Adenauerring

Konrad Adenauer, 1876 – 1967, erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland (1949 – 1962). Adenauer steht in der Kritik, frühere NS-Funktionäre zu hohen Positionen verholfen zu haben, darunter Hans Globke, Chef des Kanzleramts, beteiligt an den Nürnberger Rassegesetzen. Außerdem war Adenauer als Verfechter des Kolonialgedankens von 1931 bis 1933 als Vizepräsident der Deutschen Kolonialgesellschaft politisch tätig.

Text des Hinweisschildes:

Konrad Adenauer, 1876 – 1967, erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland (1949 – 1962); Er war von 1931 bis 1933 Vizepräsident der Deutschen Kolonialgesellschaft. Außerdem verhalf er NS-Funktionäre zu hohen Positionen in der Bundesrepublik.

 

Theodor-Rehbock-Straße /-Weg

Text des Hinweisschildes:

Theodor Rehbock, 1864-1950, Wasserbauingenieur und Hochschullehrer an der Technischen Hochschule Karlsruhe. Er unternahm „Studienreisen“ nach Deutsch-Südwestafrika, die den Kolonialismus vorantrieben und zum Ziel hatten das Land zu enteignen.

 

Graf-Stauffenberg-Straße

Graf Staufenbergs Rolle im NS-Regime ist bis heute nicht ganz geklärt. Es weisen einige historische Quellen darauf hin, dass sein misslungenes Attentat auf Adolf Hitler weniger glorreich motiviert war, als vielen bekannt. Staufenberg war kein Gegner des NS-Regimes. Er bejahte die Grundideen des Nationalsozialismus wie den Gedanken des Führertums oder der Volksgemeinschaft und verachtete die parlamentarische Demokratie. Bis in den Sommer 1942 habe er Hitlers Ziel, Deutschland zur führenden Macht in Europa zu machen, voll und ganz unterstützt. Erst als ihm klar wurde, dass der Krieg verloren geht wurde er gegen Hitler aktiv. Die Verschwörer wollten die militärische Befehlsgewalt und die Regierung übernehmen.

Text des Hinweisschildes:

Claus Schenk Graf von Stauffenberg, 1907-1944, Offizier der Wehrmacht. Er scheiterte bei dem Attentat auf Adolf Hitler und wurde als Widerstandskämpfer berühmt. Seine Motivation ist bis heute unklar. Er verachtete die Demokratie und wollte Deutschland, ebenso wie Hitler, durch militärische Aktionen zur europäischen Vormacht bringen.

 

Willmar-Schwabe-Straße

Im März 2008 hatte ein internationales Aktionsbündnis bestehend aus einer lokalen südafrikanischen Gemeinschaft, Mitbewerbern und mehreren Nichtregierungsorganisationen (NGO) Einspruch gegen ein Patent von Schwabe erhoben, das aus der Kapland-Pelargonie einen Extrakt für das Erkältungsmittel „Umckaloabo®“ herstellt. Das Patent schütze das Herstellungsverfahren eines unter anderem durch Auszug mit Ethanol hergestellten Pelargonium-sidoides-Wurzelextrakt, der als Wirkstoff gegen Atemwegsinfekte zur Anwendung kommt. Der Herstellungsprozess für diesen Extrakt wurde von Schwabe entwickelt. Über ein im September 2002 angemeldetes und im Juni 2007 erteiltes Patent auf den Herstellungsprozess sicherte sich Schwabe einen europaweiten Schutz auf Herstellung und Verkauf des Extraktes bis 2022.

Das Europäische Patentamt widerrief schließlich im Januar 2010 das Patent des Unternehmens vom Juni 2007. Das Patentamt begründete den Widerruf damit, dass es sich bei dem Verfahren zur Extraktion der Wirkstoffe aus patentrechtlicher Sicht nicht um eine Erfindung handele, da die Technik bereits „ausreichend vorbekannt“ gewesen sei. Dem Vorwurf der „illegitime und illegalen Monopolisierung“ stimmte das Patentamt jedoch nicht zu. Die Klage, der 2008 der Einspruch gegen das Patent vorausging, wurde neben den Mitbewerbern und der EED unter anderem von der Organisation Erklärung von Bern und dem African Centre for Biosafety unterstützt. Letzterer wertete die Entscheidung als großen „Erfolg im Kampf gegen Biopiraterie“.

Text des Hinweisschildes:

Willmar Schwabe, 1839-1917, gilt als einer der Begründer der Homöopathie. Homöopathika wirken nicht über den Placebo-Effekt hinaus.

 

Jahnstraße

Friedrich Ludwig Jahn, 1778 – 1852, Pädagoge, nationalistischer Publizist und Politiker. Begründer des Turnens und der Turnbewegung. Jahn war bekennender Nationalist und vertrat rassistische und antijüdische Ansichten.

Zitate Ludwig Jahns:

Nichts ist ein Staat ohne Volk, ein seelenloses Kunstwerk; nichts ist ein Volk ohne Staat ein leibloser luftiger Schemen, wie die weltflüchtigen Zigeuner und Juden. Staat und Volks in Eins, geben erst ein Reich, und dessen Erhaltungsgewalt bleibt das Volktsthum.“


 

Je reiner ein Volk, je besser; je vermischter, je bandenmäßiger. [...] Warnende Beispiel zeigt uns die Völkerkunde. Die sich in Negerige verlierenden Araber in Nordafrika, sind die Schande ihres Völkerstamms [...]“ (Friedrich Ludwig Jahn: Deutsches Volksthum, Lübeck 1810).“

Siehe zur Begründung auch den Abschlussbericht der Kommission zur Überprüfung der Freiburger Straßennamen:

https://www.freiburg.de/pb/site/Freiburg/get/params_E-1906631749/1028363/Strassennamen_Abschlussbericht.pdf, S.65 f.

Text des Hinweisschildes:

Friedrich Ludwig Jahn, 1778 – 1852, Pädagoge, nationalistischer Publizist und Politiker. Begründer des Turnens und der Turnbewegung. Jahn war bekennender Nationalist und vertrat rassistische und antijüdische Ansichten.

 

Virchowstraße

Rudolf Virchow, 1821 – 1902, Universalgelehrter, Mitbegründer der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte (1896), in der von Reisen mitgebrachte Skelette und Schädel vorgestellt und diskutiert wurden. Virchow hatte über 5000 menschliche Skelette und Schädel zusammengetragen, deren Reste heute von der Humboldt-Universität verwaltet werden. Für Wissenschaftler:innen gelten diese von hohem Wert, Kritiker fordern eine Rückgabe an die Völker der Ursprungsorte.

1874 leitete Virchow eine Studie zur körperlichen Charakteristika von Rassen, für die Merkmale von Millionen Kindern im Deutschen Reich gesammelt wurden, in der am Ende keine typischen Unterscheidungsmerkmale zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen nachzuweisen waren. Zur NS-Zeit wurde die Studie für rassistische Zwecken genutzt, um eine angebliche Gefährdung der sog. Reinrassigkeit durch Menschen jüdischen Glaubens zu beweisen.

Text des Hinweisschildes:

Rudolf Virchow, 1821 – 1902, Mitbegründer der Berliner Gesellschaft für Anthropologe, Ethnologie und Urgeschichte. 1874 leitete Virchow eine Studie zu den körperlichen Charakteristika von Rassen, für die Merkmale von Millionen Kindern im Deutschen Reich gesammelt wurden.